Die Bedeutung des Waldes für die Qualität unseres Trinkwassers
stand im Mittelpunkt der Fachtagung WaldWasser am 25.
November 2004 in Hannover. Rund 200 Experten und Entscheidungsträger
aus Politik, Wasserversorgung und Forstwirtschaft diskutierten
dieses Thema im sehr konstruktiven Dialog.
Durch die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die
erstmals das Verursacher- und Kostendeckungsprinzip
in Zusammenhang mit der Wassergewinnung festschreibt,
kommen neue Rahmenbedingungen auf alle an der Wassergewinnung
Beteiligte und damit auch auf die Verbraucher zu.
Dazu sagt Norbert Leben, Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes
Hannover in Niedersachsen als Sprecher der Tagungsveranstalter:
„Wasser wird mit Vorliebe unter Wald gewonnen, da es
hier von besonders guter Qualität ist. Dem Wald kommt
in diesem Zusammenhang eine wichtige Schlüsselrolle
bei der nachhaltigen Trinkwasservorsorge zu und wird
zukünftig noch an Bedeutung gewinnen. Wir, die wir den
Wald nachhaltig bewirtschaften, verstehen die Speicher-
und Filterwirkung als Wasserdienstleistung für die verschiedensten
Nutzer. Dies ist immer im Zusammenhang mit der Liberalisierung
der Wassermärkte zu sehen, da zunehmend mehr privatisierte
Wasserversorger hohe Erlöse im Wassermarkt realisieren.“
So können laut Leben im Wald durch bestimmte Arten der
Waldbewirtschaftung positive Wirkungen auf die Wassermenge
und auf die Wasserqualität erzielt werden. Der Umbau
von reinen Nadelholzbeständen in Buchen-Nadelholz-Mischbestände
sei so ein Beispiel: Ein Hektar Buchenwald führe zu
einer zusätzlichen Wasserspende von einer Million Liter
Wasser pro Jahr. Wenn die dabei anfallenden Mehraufwendungen
und Mindererlöse den Waldbesitzer belasten, werde dieser
kein Interesse an einem Wasserschutz orientierten Waldbau
haben.
Wissenschaftlich untermauert wurden Lebens Äußerungen
von Dr. Jürgen Müller, der an der Bundesforschungsanstalt
für Forst- und Holzwirtschaft die Steuerung des Wasserhaushaltes
durch Wald erforscht. Müller: „Die Buche ist das Wasserwerk
des Waldes.“ Sie wirke sich am positivsten auf den Wasserhaushalt
eines Standortes aus und werte vorhandene Nadelholzbestände
unter Wassernutzungsaspekten stark auf. Die Nitratkonzentrationen
im Grundwasser seien je nach Bestandesstruktur stark
unterschiedlich. „Aber“, so Müller, „sie liegen immer
weit unter dem Austrag unter Ackerflächen.“
Dr. Klaus Merker, Leiter des Klosterforstamtes Soltau,
ging auf die zunehmende Privatisierung der Wassermärkte
ein: „Privatisierte Wasserversorger realisieren aus
dem Wassergeschäft hohe Überschüsse, zu der die Forstwirtschaft
durch vorbeugende Maßnahmen beigetragen hat. Die Waldbesitzer
erwarten vor diesem Hintergrund von allen Nutzern –
auch im Sinne ihres eigenen Images – sich zukünftig
ihrer Verantwortung für eine nachhaltige Wasservorsorge
im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu stellen.“
Vor diesem Hintergrund erläuterte er die Vorleistungen
eines Forstbetriebes in der Wertschöpfungskette Trinkwasser.
Laut Merker liegen von 606.000 Hektar Wasserentnahmeflächen
in Niedersachsen allein 40 Prozent unter Wald. In diesen
Waldflächen werde der Ertrag aus der Holzernte vor allem
durch Baumarten wie Fichte und Douglasie garantiert.
Der positive Ertrag aus der Wasserentnahme resultiere
aber vor allem aus Bestockung mit Buche. Merker: „Für
mich ist kein Grund erkennbar, warum Forstverwaltungen
– gleich welcher Besitzart – den nachhaltigen Schutz
unserer Grundwasserressourcen alleine schultern sollen.
Das Thema der ‚Daseinsvorsorge als Dienstleistung’ ist
nicht eines der Forstverwaltungen allein, sondern auch
der Wasserversorgung.“ Merker sieht zur Abgeltung von
Wasserschutz orientierten Umbaumaßnahmen im Wald einen
Preis von 200 bis 300 Euro pro Hektar und Jahr als realisierbar
an.
Dem mochte Godehard Hennies, Geschäftsführer des Wasserverbandstages
e. V., nicht komplett widersprechen. Hennies stellte
die nachhaltige Versorgungssicherheit der Bürger mit
qualitativ einwandfreiem Trinkwasser in den Mittelpunkt
der verbandlichen Wasserversorgung. Vor diesem Hintergrund
machte er auf den vom niedersächsischen Wassergesetz
geforderten Flächen deckenden Grundwasserschutz aufmerksam.
Grenzwert seien hier 50 mg Nitrat pro Kubikmeter Wasser.
Da dieser Wert unter großen Flächen nur schwer oder
gar nicht erreichbar sei, könnte Hennies sich eine Honorierung
der Schutzfunktionen durch den Wald in den Wassergewinnungsgebieten
sehr wohl vorstellen.
Diese Honorierung sieht der Kieler Rechtsanwalt Dr.
Tilman Giesen durch die neue EU-Wasserrahmenrichtlinie
und das hier festgeschriebene Kostendeckungsprinzip
ohnehin schon gewährleistet. Giesen in seinem Vortrag:
„Alle Kosten einer Wasserdienstleistung müssen gedeckt
werden.“
Dass auch die Politik diese Herausforderungen erkannt
hat, spiegelte sich anlässlich der Fachtagung in den
Redebeiträgen der beiden zuständigen niedersächsischen
Minister Hans-Heinrich Ehlen (Ländlicher Raum, Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz) und Hans-Heinrich
Sander (Umwelt) wieder. Minister Sander brachte es auf
den Punkt, indem er sagte: „Wasser unter Wald ist das
Beste, was wir haben.“ Unter Wald werde im Vergleich
zu anderen Landnutzungsformen vergleichsweise schad-
und nährstoffarmes Sickerwasser gebildet.
Minister Ehlen wurde in Bezug auf die Abgeltung der
Aufwendungen bei der Forstwirtschaft konkret. Er sagte:
„Das unternehmerische Interesse der Wasserversorgungsunternehmen
an einer wasserwirtschaftlich ausgerichteten waldbaulichen
Behandlung unserer Wälder bestätigt die Bedeutung dieser
Art des Wasserschutzes.“ Allerdings sei ein Umdenken
und die Bereitschaft unserer Gesellschaft nötig, durch
geeignete rechtliche Normen Wasserbereitstellung und
Wasserreinigung durch den Wald als besondere Leistung
anzuerkennen. Dann könnten die Waldbesitzer in Zukunft
nicht mehr darauf verwiesen werden, dass Wasser als
Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums unentgeltlich
zur Verfügung zu stellen sei.
Ehlen abschließend: „Aufgabe der Politik wird es sein,
diesen gesellschaftlichen Prozess zu begleiten, um der
Waldwirtschaft eine Möglichkeit zu schaffen, ihre Leistungen
der Gesellschaft zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung
zu stellen.“
Ziel der Veranstaltung war laut Norbert Leben erst einmal,
die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und das weitere
Vorgehen abzustimmen. Vor diesem Hintergrund war ein
positives Signal der Veranstaltung die Zusage des Ministers
Sander, zukünftig einen Vertreter der Forstwirtschaft
in den Wasserbeirat zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie
zu berufen. Für die Zukunft sei nun vor allem wichtig,
dass die Grundlagen für konkrete Verhandlungen zwischen
Waldbesitzern und Wasserversorgern geschaffen werden,
so dass die Wasserdienstleistungen der Waldbesitzer
nicht nur einwandfrei erbracht, sondern auch entsprechend
entgolten werden können.
Weitere Informationen, die Vortragsmanuskripte und Bilder
als Downloads finden Sie unter
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30. November 2004